Feste Zähne an einem Tag?
Von Dr. Oliver Klenk, MSc, MSc
Wer größeren Zahnverlust erlitten hat, träumt vielleicht davon, morgens aufzuwachen und wieder feste eigene Zähne zu haben. So klingt es verlockend, wenn in Werbeinformation versprochen wird, dies in einer einzigen Behandlungssitzung zu realisieren.
Geht das tatsächlich? Tatsächlich ist diese Behandlungsoption auch im Repertoire des Zahn-Service-Centers und wird auch öfter durchgeführt. Dabei wird aus Gründen der perfekten Passung der endgültigen Versorgung zunächst ein Provisorium eingegliedert, das in der Regel im zahntechnischen Labor vorbereitet und dann vor der Eingliederung angepasst wird.
In welchen Situationen ist dies möglich? Eine Indikation ist die Einzelzahnlücke im Frontzahnbereich. Die Bisssituation muss so sein, dass die provisorische Krone so gestaltet werden kann, dass weder beim direkten Zubeißen noch beim Schieben des Unterkiefers in irgendeine Richtung ein Kontakt mit einem der Gegenkieferzähne möglich ist, so dass während der Einheilphase keine Überbelastung erfolgt.
Eine weitere Situation, in der ein Sofortversorgung mit einem festsitzenden Provisorium möglich ist, ist der komplett zahnlose Kiefer. Dafür müssen Implantate über den Kiefer verteilt so gesetzt werden, dass sie sich gegenseitig stabilisieren. Zähne können hierbei nicht in die Konstruktion einbezogen werden, da sie eine natürliche Eigenbeweglichkeit haben und für Mikrobewegungen an den Implantaten sorgen würden, die deren Einheilung verhindern. Die Implantate würden sich lockern und müssten wieder entfernt werden.
Zudem gibt es limitierende Faktoren für die oben erwähnten Behandlungsmöglichkeiten. So muss bei Knochenverlust häufig fehlender Kieferknochen ergänzt werden. Wir sprechen dann von „Augmentation“. Die Implantate sind dann während der Abheilung wenig stabil und können dann auch nicht mit reduzierten Kräften belastet werden. Im Oberkiefer muss manchmal bei großer Kieferhöhle diese mit Knochenersatzmaterial angehoben werden. In einer dieser Situationen ist eine Sofortbelastung nicht möglich oder mit hohem Risiko für einen Implantatverlust verbunden. Bei Beachtung aller Kriterien für eine Sofortversorgung ist dann allerdings das Risiko, dass Implantate während der Einheilphase verloren gehen, im Vergleich zur erstmaligen Belastung bei der endgültigen Versorgung nur leicht erhöht.
Die Planung und Durchführung einer Implantation ist vielschichtig und mit Detailarbeit verbunden. Als Patient profitiert man von der Erfahrung eines seit vielen Jahren in diesem Bereich tätigen Teams, zu dem auch in der Implantatversorgung erfahrene Zahntechniker gehören.
Zusammenfassend kann man sagen, dass es bei der Durchführung von Implantationen keine ideale Standardlösung für alle Fälle gibt, sondern Detailarbeit und individuelle Planung wichtig sind.
Literatur:
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